Der Präsident von Paraguay, Fernando Lugo, versicherte bei Amtsantritt, dass während der Zeit seiner Amtsperiode die Pressefreiheit gewährleistet sei, was man ihm durchaus glauben konnte, da die nationale Konstitution gar keine andere Meinung zulässt.
Die paraguayische Verfassung sagt ausdrücklich in Artikel 26, “es wird die freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit garantiert, ebenso wie die öffentliche Verbreitung von Gedankengut und Meinungen, ohne jegliche Zensur oder Beschränkungen als die, welche in der Konstitution verankert sind. Das bedeutet, dass kein Gesetz diese Freiheit zu limitieren oder eliminieren vermag. Das Pressedelikt als solches wird es nicht mehr geben. An seine Stelle tritt die, mit Hilfe der Presse verübte, gemeinschaftliche Straftat”.
Dieser Artikel 26 der nationalen Konstitution von Paraguay ist kategorisch, einzigartig und sehr speziell, weshalb er einigen Leuten, die hinter Fernando Lugo die Fäden ziehen, ein dicker Dorn im Auge ist. Für sie sind die Medien im allgemeinen und die Journalisten im besonderen eine große Gefahr, da sie Enthüllungen fürchten, die ihnen Kopf und Kragen kosten könnten.
Als der jetzige Präsident von Paraguay noch Präsidentschaftskandidat war, kam er mit dem damaligen amtierenden Präsidenten Nicanor Duarte überein, dass ein neues Pressegesetz unumgänglich sei
Zu jener Zeit reifte in den beiden Männern, die sich in der Öffentlichkeit stets als Rivalen darstellten, ein gemeinsamer Plan. Die freie Meinungsäußerung muss limitiert oder noch besser, liquidiert werden. Das Denken sollte per Gesetz geregelt werden.
Die Zeit verging, Nicanor unterlag, Lugo gewann die Wahl und wurde Präsident der Republik Paraguay. Kürzlich konnte man diversen offiziellen Erklärungen entnehmen, das Versuche zur Beschränkung der Pressefreiheit in Paraguay stattfanden.
Niemand wollte den anfängliche Gerüchten dieser Ungeheuerlichkeit so recht Glauben schenken, denn wie sollte es möglich sein die Pressefreiheit zu beschneiden, wenn dieselbe doch in der nationalen Konstitution des Landes fest verankert ist und somit vom Gesetzgeber garantiert wird?
Antwort eines Regierungsangehörigen: “Wir sind uns natürlich darüber bewusst, dass eine Beschneidung der Pressefreiheit unter den jetzigen Umständen nicht möglich ist. Aus diesem Grund muss die Konstitution geändert werden”.
Die angestrebte neue Konstitution von Paraguay ist gespickt mit Beschränkungen, Regelungen und Anforderungen für Journalisten und Medien. Durch weitere Nachforschungen und hartnäckige Befragungen gaben einige offizielle Stellen zu, dass eine definitive Planung zur Knebelung der freien Meinungsäußerung und Berichterstattung von Seiten einflussreicher Regierungsbeamter Lugos besteht.
Die Gefahr, dass es irgendwann mit der Pressefreiheit vorbei sein könnte ist bereits seit langer Zeit latent. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass dieses neue Gesetz bald Anwendung finden wird. Ein Pressegesetz, wie es totalitärer nicht sein könnte:
PRESSEGESETZ
Artikel Nr.1: Um seinem Beruf im Mediengewerbe nachgehen zu können, benötigt jeder Journalist eine Präsidentenverordnung, die ihn zur Antragstellung des nationalen Presseausweises berechtigt. Dieser Ausweis, der ihn als lizenzierten Journalisten bestätigt, garantiert ihm ein freies arbeiten und wird nur dann erstellt, wenn nachfolgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Um die Präsidentenverordnung zu erhalten, welche die Ausübung journalistischer Aktivitäten autorisiert, muss der Antragsteller im Forum der “organisierten Kommunikationsarbeit für Information und Kommunikation zur Entwicklung” teilnehmen, und zwar im Anschluss an einen zu bestehenden Befähigungstest, unter der Kontrolle des Ministeriums für Ausbildung und Kultur.
b) Um beim Kontrollamt des Ministeriums für Ausbildung und Kultur einschreiben zu können, muss der Antragsteller das Original oder eine entsprechend beglaubigte Kopie des Dokumentes vorlegen, das ihn als Mitglied der Patriotischen Allianz der Regierung ausweist.
c) Die Anwärter, die nicht Mitglied der Patriotischen Allianz der Regierung sind und dennoch eine Lizenz zur Ausübung des Journalismus beantragen, müssen bei der Nationalpolizei, Ermittlungsdezernat, ein Formular ausfüllen und auf einen Befragungstermin im Kontrollamt des Ministeriums für Ausbildung und Kultur, warten.
Artikel Nr. 2: Der „lizenzierte Journalist“ oder Träger der Präsidentenverordnung ist zur freien Ausübung des Journalismus in allen Medien berechtigt, nachdem er den Treueschwur vor dem Leiter des Sekretariats für “Information und Kommunikation zur Entwicklung” geleistet hat.
Artikel Nr. 3: Es ist die Pflicht eines jeden lizenzierten Journalisten nachfolgenden Anforderungen Folge zu leisten:
a) in allen Berichten, Kommentaren, Nachrichten oder Reportagen, muss der maximale Respekt gegenüber den öffentlichen Ämtern gewahrt werden.
b) Journalisten haben keinerlei Recht, um eigenständige Untersuchungen anzustellen, da dies Aufgabe der Mitglieder der Ministerien, der Polizei und sonstiger Sicherheitsorganismen ist.
c) Der Journalist verpflichtet sich zur Einhaltung und Respektierung dessen, was in der journalistischen Ethik als Recherche gilt: “Kein Journalist untersucht, er informiert und teilt mit größtem Feingefühl mit. Untersuchungen führen einzig und allein Staatsanwälte, Polizeibeamte, Steuerbeamte und Sicherheitsbeamte”.
d) Der Journalist ist dazu verpflichtet, die staatlichen Aktivitäten positiv zu kommentieren und ebenso positiv über Staatsbeamte zu berichten.
e) Der Journalist muss die Arbeitsweisen der einzelnen Ministerien, öffentlichen Dienste und ländlichen Zweigstellen positiv hervorheben.
f) Die Arbeit des Journalisten muss in Zusammenarbeit mit den Polizeieinheiten und anderen staatlichen Funktionären stattfinden.
g) Der Journalist muss sich verinnerlichen, dass die Regierung immer Recht hat und gut arbeitet.
Artikel Nr. 4 Die Ministerien, binationalen Zweigstellen und öffentlichen Körperschaften geben 20 % ihres jährlichen Budgets zur Förderung von Werbemaßnahmen, Zahlungen für Werbung in Zeitschriften und T.V.-Sendungen bzw. an Medien, die lizenzierte Journalisten beschäftigen.
Artikel Nr. 5: Die Ministerien, binationalen Zweigstellen und öffentlichen Körperschaften können ebenfalls einen weiteren Teil ihres jährlichen Budgets an jedweden „lizenzierten Journalisten“ zahlen.
Artikel Nr. 6: Zur Einhaltung der, in den Artikeln 4 und 5 angegebenen Vorgaben, müssen die Verantwortlichen aller öffentlichen Informationsverbreitungen folgendes berücksichtigen:
a) Jeder „lizenzierter Journalist“ muss vorteilhafte Publikationen über öffentliche Einrichtungen verfassen.
b) Jeder „lizenzierter Journalist“ muss mit Fotos, Nachrichten, Kommentaren und Reportagen die Arbeitsweise der Direktoren, Minister Zollbeamten und Kommissare unterstützen.
c) Jeder „lizenzierte Journalist“ muss das gute Ansehen des Präsidenten der Republik, seiner Minister und seiner Kommissare wahren.
d) Jeder „lizenzierte Journalist“ muss jederzeit den guten Ruf eines jeden Kommissars, Polizeibeamten, Ministerium- oder Zollbeamten wahren.
Artikel Nr. 7: Die Veröffentlichung von kritisierenden Texten oder Kommentaren, die eine Verunglimpfung der Handlungsweise von Präsident, Ministerien, Polizei, Militär oder Zoll zum Ziel hat, ist ausdrücklich verboten.
Artikel Nr. 8: Es ist ausdrücklich verboten, das Wort „Schmiergeld“ in Verbindung mit Beamten von Ministerien, Polizei oder Zoll zu verwenden.
Jegliche Information oder Berichterstattung bezüglich eines öffentlichen Beamten, darf sich ausschliesslich auf seine Arbeit, Ehre und Patriotismus beschränken.
Artikel Nr. 9: Bei Herausgabe einer Information, Formulierung eines Artikels oder Erstellung einer Nachricht, muss sich jeder „lizenzierte Journalist“ darüber im klaren sein, dass der Präsident der Republik, der Vizepräsident, alle Minister, Zollbeamte und Kommissare nicht stehlen, sondern einzig und allein dem Land dienen.
Artikel Nr. 10: Jegliche Information, Nachricht oder Publikation muss verantwortungsbewusst sein und vor Veröffentlichung hat jeder „lizenzierte Journalist“ nachfolgende Schritte zu befolgen:
a) Die zu verbreitende Information mit der entsprechend kompetenten polizeilichen oder juristischen Stelle abgleichen.
b) Vor Veröffentlichung einer Nachricht, die entsprechende Genehmigung beim Kommissar, Staatsanwalt oder Anti-Drogen-Beamten des Distriktes beantragen, wo sich das zu kommentierende Geschehen abgespielt hat.
Artíkel Nr. 10: Es wird ein Sondereinsatzkommando der nationalen Polizei gegründet, dessen Beamte über nachfolgende Berechtigungen verfügen:
a) Das Eingreifen in die Arbeit der Medien zu jeder Stunde, zum Zwecke der Verhinderung von Veröffentlichung der Bücher, Zeitschriften, Tageszeitungen oder Artikel und Kommentare, deren Inhalte, den Staat kritisieren.
b) Die Agenten dieser Spezialeinheit müssen eng mit den Herausgebern und Programmdirektoren von Tageszeitungen, Zeitschriften, T.V.-Sendungen und sonstigen Medien zusammenarbeiten, um eventuelle Negativ-Berichterstattungen über Arbeitsmethoden Beamter der öffentlichen Dienste oder sonstiger Staatsstellen zu unterbinden, die von unabhängigen Journalisten erstellt werden könnten.
c) Die Angehörigen dieser Spezialeinheit der nationalen Polizei haben außerdem das Recht und die Pflicht zu:
das Öffnen und Kontrollieren von eMails, Schreibtischen, Aktentaschen und Schränken von Journalisten, zwecks Kontrolle schriftlicher Inhalte von Dokumenten.
Artikel Nr. 11: Diesem Pressegesetz unterliegt die gesamte Republik Paraguay.
Dass dieses wahnwitzige Pressegesetz tatsächlich bald zum Einsatz kommen könnte, kann sich zum derartigen Zeitpunkt kaum jemand vorstellen. Es ist auch nicht von Bedeutung, ob man sich den geistigen Rückfall ins Mittelalter vorzustellen vermag oder nicht. Wichtig allein ist das mittlerweile öffentliche Wissen, dass politische Volksvertreter der herrschenden demokratischen Partei Paraguays sich bei ihren Regierungsgeschäften die Zeit dazu nehmen, etwas derartiges wie die Beschneidung der Pressefreiheit überhaupt in Erwägung ziehen, geschweige denn konkret zu planen, denn nur eine Regierung, die viel zu verbergen hat und ihr Volk im Zustand einheitlich geistiger Umnachtung wünscht, erwägt die Vernichtung aller Nachrichtenquellen.
Autor/in: Christine Bram
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